Expressionismus

Die Stilrichtung des Expressionismus formierte sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts und breitete sich, von Deutschland ausgehend, mit einer großen Durchschlagskraft über ganz Europa aus. Der Expressionismus und dessen Vertreter strebten danach, einen Fokus auf den subjektiven, künstlerischen Ausdruck zu legen. So ist es nicht mehr der naturalistische Schein der Natur, der wie im vorausgegangenen Impressionismus in teils akribischer Feinarbeit abgebildet wird. Vielmehr soll das kraftvoll und dynamisch ausgedrückt werden, was das einzelne künstlerische Individuum zu seinem kreativen Schaffen anregt. Unmittelbar und unverfälscht sollten so sowohl die sichtbare als auch die unsichtbare Wirklichkeit in Farbe und Form übersetzt werden.

Die Keimzelle des Expressionismus bildet sich 1905 in Dresden in Form der Künstlervereinigung "Die Brücke". Ihre Gründerväter sind die bekannten Künstler Karl Schmidt-Rottluff (1884- 1976), Erich Heckel (1883- 1970), Fritz Bleyl (1880- 1966) und Ernst Ludwig Kirchner (1880- 1938). Ihre künstlerischen Anliegen, die sie in zahlreichen Manifesten und Programmen veröffentlichen sind klar politisch eingefärbt. So ist es das selbstbewusst proklamierte Ziel der Bewegung „Die Brücke“, durch die Kunst der Welt ein neues Ethos zugeben.

Gemeint ist dabei der Bruch mit allen akademischen und oberflächlichen Kunstauffassungen und die Entwicklung hin zu dem großen künstlerischen Befreiungsschlag, der den Weg zum Neuen und Wahren, oder anders ausgedrückt: ein unmittelbares Verhältnis zur Wirklichkeit erschaffen sollte. Dabei ist die Expressionismus-Bewegung natürlich von den unterschiedlichen vorausgegangenen Entwicklungen der Kunst beeinflusst und geprägt worden.

Expressionistische Merkmale und Aspekte finden sich bereits in der Stilrichtung des Fauvismus, bei Vincent Van Gogh (1853- 1890), Edvard Munch (1863- 1944) und vielen anderen Künstlern. Im Unterschied zum Fauvismus streben die Expressionisten jedoch in keinster Weise nach der von Henri Matisse formulierten Suche nach Reinheit und Harmonie. Vielmehr entdecken sie das Unreine, Chaotische und in ihren Augen Wirkliche der Welt und des menschlichen Lebens und verarbeiten diese Themen in ihren Bildern.

Expressionistische Gemälde weisen daher einen sehr liberalen Umgang hinsichtlich Form, Farbe und Komposition auf. Oft werden die Bildelemente und Motive zugunsten des kraftvollen Ausdrucks vereinfacht dargestellt, auch die traditionelle Perspektive löst sich mehr und mehr auf. Die kurze Zeit später entstandene "Neue Künstlervereinigung München", deren Mitglieder Wassily Kandinsky (1866- 1944), Alexej Jawlensky (1865- 1941), Franz Marc (1880- 1916) und Gabriele Münter (1877- 1962) waren, sollten später als die Gruppe "Der Blaue Reiter" bekannt werden. Kandinsky entwickelte seine expressionistischen Bilder schließlich so weit, dass sie schließlich zu abstrakten Gemälden wurden.

Nach Ausbruch des ersten Weltkrieges wurde der Expressionismus langsam von nachfolgenden Stilrichtungen wie beispielsweise der Neuen Sachlichkeit und dem Konstruktivismus abgelöst.

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